S T E C K B R I E F:
Werbesprecher, Schauspieler, Synchronsprecher, Hörspielsprecher, Regisseur und Sprecher für Werbung. War DIE deutsche Erzähler-Stimme, DER deutsche Hörspielsprecher. Ebenso die deutsche Synchronstimme von u.a. Barry Morse, Donald Crisp, James Carville, Stephen Elliott, Geoffrey Keen, Patrick Stewart, Leonardo Cimino und renommierter Sprecher in unserer Sprecheragentur. Mehr als 228 Sprechrollen. Geboren am 7. Dezember 1909 im elsässischen Altmünsterol. Sternzeichen Schütze. Lebte in Hamburg. Gestorben am 3. Februar 2002 in Hamburg.
Synchronschauspieler Hans Paetsch war DIE Erzähler-Stimme im deutschen Sprachraum. Mit seiner so wohlklingenden, dunklen Baritonstimme sprach er sich ein Menschenleben lang in die Herzen ganzer Generationen und wurde in Deutschland zum Märchenonkel der Nation. Hans Paetsch war mit einer ganz besonderen Stimme und Sprechkunst gesegnet. Eine Stimme, der man zuhört. Eine Stimme, die liebevoll in den Arm nimmt. Eine Stimme, die alles andere vergessen lässt.
Als Kind wollte Hans Paetsch wie viele Jungs Lokomotivführer werden. Doch diese kurzfristige Idee wich schnell dem Wunsch, mit Literatur zu arbeiten. Weihnachten im Jahr 1923, Hans Paetsch war gerade mal 14 Jahre alt, bekam er ein Buch geschenkt: Der Tor und der Tod des österreichischen Schriftstellers Hugo von Hofmannsthal. Das kurze Drama in Versen erzählt die Begegnung eines Edelmannes mit dem Tod. Der junge Hans Paetsch verschlang die Lektüre und konnte den Inhalt bald auswendig. Möglicherweise wäre er auch selbst ein guter Autor geworden. Doch es war die Interpretation von Texten, die ihn seit frühester Jugend interessierte. Bereits in der Schule wurde sein Talent, des tiefen Verstehens von Inhalten und seine wunderbare Art des Vorlesens entdeckt. Einer der Gründe, warum sich Hans Paetsch zunächst dem Studium der Philologie zuwandte.
Im Alter von 21 Jahren landete Paetsch beim Theater.Seinerzeit wurde ein Hilfsdramaturg gesucht. Im Verlauf engagierte man ihn als Schauspielanfänger auf Probe. Zu dieser Zeit hatte Hans Peatsch noch keine Vorstellung davon, dass dies der Beginn einer 45-jährigen darstellenden Laufbahn werden sollte. Zu Zeiten des Nazi-Regimes arbeitete Paetsch als Schauspieler am Theater in Saarbrücken. Später ging er an das in Prag wiedereröffnete Ständetheater.
1944 kam die Wehrmacht. Für Hans Paetsch ging es zur Ausbildung nach Budweis, danach an die Front. Im Verlauf war angedacht, in Berlin den Führer zu befreien. „Da habe ich mich an einem schönen Vormittag über die Elbe gemacht und den Amerikanern ergeben,“ erzählte Paetsch einst in einem Interview.
Nach den weltpolitischen Umständen im 20. Jahrhundert war es im Jahr 1947, als Hans Paetsch wieder die Bretter, die die Welt bedeuten, betreten konnte. Diese standen in Hamburg, es war das Thalia-Theater. Nahezu 30 Jahre arbeitete Paetsch im 1843 gegründeten Schauspielhaus als Darsteller und Regisseur. Eines Tages saß Dr. Andreas Beurmann, einstiger Mitbegründer des Hörspiellabels EUROPA, unter den Zuschauern. Das Schauspiel und die großartige Stimme von Hans Paetsch faszinierten ihn derart, dass er ihn als Sprecher für Hörspiele des Labels engagierte. Es folgte eine Jahrzehnte lange Zusammenarbeit, in denen Hans Paetsch unzählige Märchen für kleine und auch große Kinder einsprach.
Hans Paetsch wird vor allem mit seiner wundervollen Erzähler-Stimme in Verbindung gebracht, doch sollte man nicht vergessen, dass er nahezu sechzig Jahre auch vor laufender Kamera spielte. Erinnern wir uns an Filme wie Die toten Augen von London, Das Gasthaus an der Themse, Die Buddenbrocks Die Unverbesserlichen und viele mehr. Hans Paetsch spielte auch in der ZDF-Fernsehserie Die Schwarzwaldklinik.
Als Synchronsprecher war seine Stimme im Kino und zahlreichen Fernsehproduktionen in heimischen Wohnzimmern zu Gast: Bonanza, Rauchende Colts, FBI, Miami Vice, Golden Girls, Ein Engel auf Erden und vielen mehr. Natürlich fungierte Hans Paetsch auch im Kino und Fernsehen oftmals als Erzähler, u.a. im Actionthriller Lola rennt, Die Abenteuer von Pico & Columbus oder auch Die Rose von Bagdad.
Hans Paetsch war ein großer Mann, warmherzig, großzügig, lebensfroh und er war ein bescheidener Mensch. Über Jahrzehnte war es ihm nicht bewusst, wie populär er, sein kreatives Schaffen, seine Stimme, DIE Stimme im deutschsprachigen Raum waren. Und das, obwohl er immer und überall zu hören war. Radio, Fernsehehen, auf Hörspielkassetten und Hörspielplatten. Dennoch hat er es erst sehr spät, in seinen Achtzigern, realisiert, wie berühmt er tatsächlich war. Hans Paetsch hat einfach das gemacht, was ihm Freude bereitete, das Sprechen. Mit Literatursendungen, seinerzeit beim neu gegründeten Radio in Saarbrücken und später überwiegend für den NDR, hatte sein Wirken mit seiner unverwechselbaren Stimme begonnen. Er liebte das Spiel mit seiner einzigartigen stimmlichen Klangfarbe ebenso, wie andere daran teilhaben zu lassen: „Die Phantasiewelt, die sich einem erschließt, wenn man liest, kann man im Vorlesen wunderbar neu aufbauen. Es ist schön, das Glück, das ich selbst beim Lesen erfahren habe, an Kinder weiterzugeben.“ Hans Paetsch selbst hatte keine Kinder. Biologisch. Doch war er ein märchenerzählender Vater und Großvater für ganze Generationen.
Der großartige Hans Paetsch mit seiner so wundervoll warmen, dunklen Stimme, hatte einfach ein ganz besonderes Gefühl für das Sprechen. Über Jahrzehnte reifte er zu einem absoluten Vollprofi heran. Wie kaum ein anderer vermochte er es, Poesie akustisch umzusetzen. Die Süddeutsche Zeitung schrieb in den neunziger Jahren: „Wenn der liebe Gott einen Pressesprecher hätte, würde der klingen wie Hans Paetsch. Ganz genau so. Weise, vertraut und irgendwie immer richtig.“ Und dabei bereitete es ihm ebenso große Freude, Karl May, Grimms Märchen oder Hui Buh, das Schlossgespenst zu lesen, wie auch die großen Klassiker der Literatur. Paetsch hatte ein Lieblingsmärchen: „Der Wolf und die sieben Geißlein. Da kann man so viel mit der Stimme anstellen, meckern und knurren zum Beispiel,“ erzählte er einmal in einem Interview.
Kurz vor seinem neunzigsten Geburtstag frage ein Journalist, wie lange er denn noch arbeiten wolle. „Im Dezember werde ich ein letztes Mal öffentlich lesen und dann endlich den Mund halten,“ entgegnete er lachend. Und er las, mit dem Wohlklang seiner wunderbaren Baritonstimme, ein letztes Mal vor Publikum. 26 Monate ehe er seine größte Reise antrat, am 4. Dezember 1999, in der ältesten Pfarrkirche Hamburgs.
Hans Paetsch verstarb im Alter von 92 Jahren. Das war am 3. Februar 2002 in Hamburg.
Gernot Romann, einstiger Hörfunk-Programmdirektor des NDR sagte: „Seit den fünfziger Jahren gehörte Hans Paetsch zu den Markenzeichen den NDR. Er war als Rezitator zu hören, als Erzähler von Märchen und Fabeln und wirkte in unzähligen Hörspielproduktionen mit. In den Erinnerungen der Menschen wird seine Stimme weiterleben.“
Lieber Hans, Generationen von kleinen und großen Kindern, zu denen auch wir gehören, werden dich in liebevoller Erinnerung behalten. Dein Credo: „Man muss lieben, was man macht,“ war in all deinem künstlerischen Schaffen zu hören, zu sehen, ja, wir konnten es fühlen. Du hast unsere Herzen tief berührt und unsere Sinne auf fantasievollen Reisen begleitet, du warst uns ein Leben lang nah, wir sind mit dir aufgewachsen. Wir werden dich niemals vergessen und dein Andenken, deine Geschichten, deine Märchen ehren und in unseren Herzen bewahren. Danke, lieber Hans, für dein wundervolles Lebenswerk. Dein Corsta, Deine Freunde aus den Carpe Diem Studios.
H Ö R B E I S P I E L E:
Hörprobe 1:
Hörprobe 2:
Hörprobe 3:
Portrait
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